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Ich dachte und hoffte schon, er käme einfach nicht. Aber kurz vorm Start der Vorstellungsrunde öffnete sich die Tür. Mit schnellen Schritten durchquerte er den Raum und nahm nicht weit von mir entfernt auf einem Stuhl Platz. Ich hatte ihn wirklich nicht vermisst: meinen Selbstzweifel.

Am vergangenen Donnerstag, den 02. November 2022 fand die erste Veranstaltung der Gründerinnen-Initiative statt. (Die Gründerinnen-Initiative ist ein Unterstützungsprogramm der HHL mit Coaching, Mentoring und Knowhow von Frauen für Frauen auf dem Weg zur Gründung. Gefördert wird das sechsmonatige Programm vom Europäischen Sozialfonds und dem Freistaat Sachsen. Für die 12 Teilnehmerinnen ist das Ganze kostenfrei und für mich damit – klar, ein absoluter Gewinn.)

Die Tage und Stunden vor dem Kick-Off waren so vollgepackt, dass mir kaum Zeit blieb, zu überlegen, wie es wohl werden würde. Was ich jedoch unausgesprochen erwartet hatte: Dass ich auf dem Weg nach Hause voller Euphorie sein würde. Das war ich auch. Aber nicht nur.

Doch von vorn:

16 Uhr startete die Veranstaltung. In der Mensa einen Eingang weiter, hatte ich, das fiel mir erst in diesem Moment auf, acht Jahre (OMG!) zuvor beim Campusfest zu Captain Capa getanzt als gäbe es kein morgen mehr. (Höre die Band, gerade während ich diesen Text tippe und muss ein bisschen schmunzeln, wenn ich an diese Zeit und den schönen Abend denke). Aber zurück zur Gründerinnen-Initiative.

Auf der Agenda für den Kick-Off standen:

  • Vorstellungsrunde der Organisatorinnen und der Initiative
  • Vorstellungsrunde der Teilnehmerinnen (dazu gleich mehr)
  • Gruppenfoto
  • kurzer Test der Plattform, die wir während des Programms zur Kommunikation, Organisation und Dokumentation nutzen
  • gemeinsames Abendessen im Olea am Lindenauer Markt – Ich hatte Pizza Fungi, Mango-Schorle und wunderbare Gespräche. Soweit so richtig gut!

Warum also nicht nur euphorisch?

Wer bist du? Was ist deine Idee?

Drei vermeintlich einfache Fragen zeigte die PowerPoint-Präsentation: Wer bist du? Was ist deine Idee? Was macht für dich den Reiz am Gründen aus`? Drei Fragen mit denen wir uns zunächst unserer zugewürfelten Partnerin, vorstellen sollten. Im Anschluss dann gegenseitig der großen Runde.

Ich möchte gar nicht groß drum rumreden. Rückblickend glaube ich, war das der Moment, an dem mein Selbstzweifel dann doch noch schnell den Raum betrat:

„Ach hier, Anna. Hatte ich schon gesagt: Ich finde deine Ideen irgendwie gar nicht „special“ genug. Und die Tatsache, dass du dich noch nicht für die eine Idee entschieden hat, spricht ja auch dafür, dass da noch kein Knaller dabei ist. Also sorry, wenn ich dich hier grad störe. Dachte nur, das wäre wichtig dir nochmal zu sagen.“

Interessanterweise gab es in der Vorstellungsrunde mehrere Frauen, die teilten, dass eine grobe Richtung feststand, sich die ganz konkrete Idee aber auf dem Weg noch finden dürfte. Ich muss nicht erwähnen, dass ich das bei denen voll okay fand.

Der Abend vorbei, versuchte ich auf dem Fahrrad meinen Wirrwarr in Bauch und Kopf in Worte zu fassen. Als „bunte Tüte an Gefühlen“ formulierte ich es vor dem Schlafengehen auf Instagram. Und auch am nächsten Morgen hielt das noch an. Nach dem Aufstehen dachte ich: Zeit, ein bisschen Klarheit in die inneren Stimmen zu bekommen! Und musste sofort an eine meiner liebsten systemischen Methoden denken: das innere Team.

 

Das innere Team – Oder auch:

Von der Kunst sich selbst zuzuhören

Das innere Team ist eine Methode, die:

  • auch „Teile-Arbeit“ oder „Parts party“ genannt wird und vor allem mit Friedemann Schulz von Thun in Verbindung gebracht wird
  • die Pluralität des menschlichen Innenlebens anhand der Metapher eines Teams und seiner Leitung dargestellt
  • das Durcheinander in Kopf und Bauch vorstellbar und anschaulich macht
  • das Finden von Klarheit und Klärung in zwiespältigen Situationen unterstützen kann
  • mir persönlich viel Spaß macht
  • und zum Beispiel hier nochmal ausführlicher dargestellt ist

Ich nahm Stift und Zettel in die Hand und hörte in mich herein, welche Stimmen sich zum Kickoff der Gründerinnen-Initiative meldeten. (Da musste ich nicht lange warten.) Anschließend gab ich diesen Stimmen Namen und schrieb einen Satz auf, der sie charakterisiert.

  • Der Selbstzweifel: „Deine Idee ist nicht außergewöhnlich genug.“ (Die wohl lauteste und für mich auch irgendwie unbequemste Stimme.)
  • Die sachlich-positive Stimme: „Es braucht keine außergewöhnliche Idee.“ (Mag ich rückblickend besonders gern. Möchte ich mehr drauf hören.)
  • Die Neugierde: „Ich bin einfach gespannt, was alles möglich ist und welche Dinge ich vielleicht kann, von denen ich heute noch gar nicht weiß.“ (Auch eine meiner liebsten Anteile gerade. Will ich noch stärker drauf achten.)
  • Der Mut: „Machen. Echt jetzt. Wirklich einfach mal machen.“
  • Die Supporterin: „Du hast gute Ideen. Go!“ (Ist momentan noch ganz schön leise, aber ist vielleicht auch okay so.)

Was für mich an meinem Inneren Team spannend war?

Zunächst einmal war ich überrascht, dass die positiven Stimmen eindeutig überwogen. Auch nach längerem Nachdenken und “reinhören” meldete sich tatsächlich keine andere kritische Stimme als der Selbstzweifel zu Wort. Ich mag den positiv-sachlichen Anteil – unaufgeregt und klar.

Interessant fand ich auch über die Frage nachzudenken, welchen guten Grund der Selbstzweifel wohl hat, gedanklich auch mal quer zu schießen? Tatsächlich fühlt es sich nämlich trotz aller kritischer Worte nicht an als wolle er mich bremsen, sondern auf eine schräge Art herausfordern, meine noch nicht hundertprozentig konkrete Idee fokussierter (und damit auch einfach besser) zu machen. Und das ist doch eigentlich echt schön!

Nachdem ich “das alles” in Kopf und Bauch nach dem Kickoff nicht ganz greifen konnte, fühlt es sich jetzt definitiv geordneter an. Noch immer nicht nur euphorisch, aber mittlerweile glaube ich: das ist nicht nur okay, sondern möglicherweise sogar gut so.

Wie geht es jetzt weiter?

Kommende Woche geht es weiter mit einer Veranstaltung zum Thema „Persönlichkeitstest für Gründerinnen“. Ich bin gespannt auf den Nachmittag (und natürlich auch auf meine Gedanken und Gefühle danach). Klar, ich werde berichten!

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