in aller Kürze:

Hereinspaziert in die Irrungen und Wirrungen unseres Gehirns. Hier kommen sieben kognitive Verzerrungen, die unser Kopf uns zuweilen als „absolute und einzig mögliche Wahrheit“ anbietet.

In diesem Artikel erfährst du, was kognitive Verzerrungen sind, warum wir sie im Blick haben sollten und kannst sieben verschiedene Arten inklusive Beispiele kennenlernen. Und natürlich geht es auch darum, was du tun kannst, um kognitive Verzerrungen bei dir zu erkennen und damit umzugehen. 

 

Was sind kognitive Verzerrungen?

Unser Gehirn ist schon ein wirklich kreatives Ding. Es kommt regelmäßig auf wunderbare Ideen. Ich meine, vielen Dank an das Gehirn der Person, die das erste Mal Salz und Karamell zusammengeführt hat. Jedoch verläuft sich die Kreativität unseres Gehirns hin und wieder auch auf Holzwege und bietet Gedanken an, die nicht gerade hilfreich sind. „Kognitive Verzerrungen“ nennt das die Psychologie.

Kognitive Verzerrungen sind systematische Muster von Denkfehlern oder irrationalen Denkprozessen.

Ich erkläre es gleich am Beispiel, dann wird klar, was es damit auf sich hat.

Wir haben ein cooles Gehirn, aber…

Unser Gehirn verarbeitet ständig tausende von Informationen. Um damit umgehen zu können, nutzt es z.B. Wahrnehmungsfilter und versucht durch Automatismen Komplexität zu verringern.

An dieser Stelle: Danke Gehirn für all das, was du täglich leistet. Ich würde nicht tauschen wollen. Allerdings, und das gehört zur Wahrheit auch dazu: Manche der „Abkürzungen“, die unser Gehirn nimmt, können auch alles andere als hilfreich sein.

Kognitive Verzerrungen. Nein, Danke, weil:

Gedanken haben einen wesentlichen Einfluss auf unsere Gefühle und unser Verhalten. Demzufolge ist es nur absolut empfehlenswert immer mal ein genaueres Auge darauf zu werfen, was unser Gehirn in seiner Gedankenfabrik so herstellt.

In der Informatik gibt es einen Spruch, der da heißt: „Garbage in, garbage out“. Der Satz bedeutet gewissermaßen, dass ein Computer mit hoher Wahrscheinlichkeit eine falsche oder wenig aussagekräftige Ausgabe produziert, wenn die Eingabe falsch oder nicht aussagekräftig ist. Und offen gesprochen, ich glaube bei uns Menschen ist es stellenweise ähnlich. Ich meine, wie sollen angenehme Gefühle oder sinnvolle Handlungen entstehen, wenn wir (unbewusst) mehr negative, wenig hilfreiche Gedanken im Kopf mit uns tragen?

Es lohnt sich also, immer mal einen Blick auf unsere Gedanken, besonders die verzerrten, zu werfen.

Kognitive Verzerrungen: Liste mit 10 Formen und Beispielen

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Hinweis 1:

In diesem Blogbeitrag nutze ich verschiedene beliebige Beispiele. Jeder Punkt lässt sich aber natürlich auch auf andere Situationen oder Themen übertragen – sei es im Bewerbungsverfahren, Elternsein, im Rahmen der Gründung einer nebenberuflichen Selbständigkeit, beim Dating, you name it…

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Hinweis 2:

Beim Lesen der Beispiele könnte der Eindruck entstehen, dass ich absolut übertreibe. Und ja: das tue ich auch, weil es unser Gehirn zuweilen auch tut und es uns manchmal gar nicht so bewusst ist, wie hier, wenn wir es schwarz auf weiß lesen.

#1: Alles-oder-nichts Denken (Schwarz-Weiß-Denken)

Betrachtung in extremen Kategorien ohne Berücksichtigung von Zwischentönen oder Nuancen
Mein Vortrag hat sich nicht wie ein absolutes Feuerwerk angefühlt. Jemand hat im Nachgang sogar einen Verbesserungsvorschlag gemacht. Ergo: Vortrag war nicht gut, einfach ein Fail.”

#2: Katastrophisierung

Annahme des schlimmsten möglichen Szenarios, ohne hinreichende Beweise dafür zu haben oder wahrscheinlichere Möglichkeiten zu bedenken
“Peter hat unser Treffen abgesagt. Er findet mich schrecklich. Ich werde nie einen Partner finden.”

#3: Gedankenlesen „Jumping to conclusion

Die Überzeugung zu wissen, was jemand anderes denkt, ohne nachzufragen.
“Meine Chefin gähnt während ich spreche. Ich langweile sie.”

#4: Emotionale Beweisführung

Das eigene Gefühl wird als Beweis für die Richtigkeit einer Annahme herangezogen.
“Ich bin aufgeregt. Wäre ich eine kompetente Dozentin, wäre das sicher nicht so.”

#5 Herunterspielen des Positiven

Eigene positive Verhaltensweisen, Erfahrungen oder Eigenschaften werden abgewertet oder dem Zufall zugeschrieben.
“Mit dem positven Feedback wollte René nur freundlich sein.”

#6: Unangemessene Imperative (auch »Sollte«- oder »Müsste«-Sätze)

Unflexible Anwendung von Regeln und Überschätzung der Folgen, wenn (vermutete) Erwartungen nicht erfüllt werden.

Ich sollte wirklich alle aktuellen Forschungsergebnisse zum Impostor Phänomen gelesen haben, bevor ich dazu einen Workshop gebe.”

#7: Personalisieren

Neigung, äußere Ereignisse persönlich zu nehmen, indem sie auf sich selbst bezogen werden, auch wenn es keine Beweise dafür gibt
“Meine Chefin war heute im Telefonat total kurz angebunden. Was habe ich nur falsch gemacht?”

Kognitive Verzerrung im Alltag erkennen

Die verschiedenen Denkfehler zu kennen, ist schon ein wunderbarer und hilfreicher Schritt! Schritt, wofür? Könnte man nun berechtigterweise fragen. Ich würde sagen: ein wunderbarer und hilfreicher Schritt für Mut und Lebensfreude (das ist hier ja der „Kompass“ von lebenahoi 😉). Etwas allgemeiner ausgedrückt: sich mit kognitiven Verzerrungen zu beschäftigten, kann dabei helfen:

  • das eigene Wohlbefinden zu stärken
  • und positive Veränderungen mit Blick auf die eigenen Gefühle und das Verhalten zu erreichen

In der kognitiven Verhaltenstherapie nennt sich die Arbeit an den Denkverzerrungen „Kognitive Umstrukturierung“. Und da ich der Meinung bin, dass die Ansätze und Methoden der klinischen Psychologie durchaus auch präventiv eine absolute Daseinsberechtigung haben, gibt es hier nun einen kleinen Einblick.

Umgang mit kognitiven Verzerrungen:

Schritt 1 | Achtsamkeit im Alltag: problematische automatische Gedanken erkennen

Im Alltag lohnt es sich, auf bestimmte Signale zu achten, die auf kognitive Verzerrungen hinweisen können:

  • Veränderung der Emotion oder Stimmung: plötzliche Unruhe, Niedergeschlagenheit, gefühlte Hilflosigkeit
  • Veränderung des Verhaltens: z.B. mit etwas aufhören, dass du gerade getan hast uns stattdessen dann auf Social Media scrollen oder zum Kühlschrank gehen
  • Veränderung des Körpers: plötzliche Anspannung, Herzklopfen, flaues Gefühl im Magen

Wenn du einen solchen Moment der plötzlichen Veränderung wahrnimmst, obwohl doch gerade (vermeintlich) gar nicht passiert ist, lohnt es sich innezuhalten und dich kurz zu fragen: “Was ging mir gerade durch den Kopf?” Sammle bewusst deine Gedanken.

Ein Beispiel:

Ich erwische mich beispielsweise oft dabei, wie ich plötzlich am Handy scrolle, obwohl ich gerade noch eine Präsentation vorbereiten oder eine E-Mail beantworten wollte. Meist ist das ein ganz unbewusster Prozess:

Denkverzerrung („Es werden sicher nicht alle Teilnehmenden begeistert sein“; „Es fällt mir schwer diese Übung zu konzipieren, ich bin wohl einfach keine geborene Dozentin“) → Stimmung verschlechtert sich → Wunsch Stimmung wieder aufzuhellen, schnelles Dopamin → Handy zücken und durch Instagram scrollen → mich dabei erwischen und erst in dem Moment bewusst den Anfang dieser Kette wahrnehmen

Schritt 2 | Denkverzerrungen identifizieren und hinterfragen

Nicht selten geht einer plötzlichen Stimmungs- oder Verhaltensänderung eine Denkverzerrungen vorher. Vielleicht ist dein Gehirn gerade einer Katastrophisierungs-Idee gefolgt oder du hast unbewusst emotionale Beweisführung gemacht?
Denkverzerrung können uns allen von Zeit zu Zeit widerfahren. Diese bewusst wahrzunehmen, kann bereits dazu beitragen, viel Anspannung (oder was immer dich in der Situation gerade bewegt) zu lösen.

Nimm dir Stift und Papier oder die Notizapp deines Handys zu Hand. Schreib deinen Gedanken auf Am besten genauso, wie er im Kopf war. Auch, wenn die Worte aus deinem Kopf nieder geschrieben vielleicht übertrieben, albern oder fast böse dir selbst gegenüber klingen. So sind unsere Gedanken im Kopf nun leider manchmal.

Wenn du den Gedanken liest – welche Denkverzerrung könntest du darin entdecken? Wirf vielleicht auch nochmal einen Blick auf die Liste oben. Oder du fragst mal ChatGPT, in dem du den folgenden Prompt nutzt: Hallo, ich werde dir gleich einen Satz nennen und dich bitten die kognitive Verzerrung darin zu analysieren: »[Dein Satz]« Ich hab’s für euch getestet und es funktioniert besser als gedacht!

Übrigens: Oft verstecken sich in unseren Gedanken gleich mehrere Arten kognitiver Verzerrung.

Schritt 3 | Entwicklung alternativer Sichtweisen: Vor- und Nachteile abwägen

Nach dem Wahrnehmen und Erkennen von kognitiven Verzerrungen in den jeweiligen Situationen kannst du dich darin üben, alternative Sichtweisen zu entwickeln und deren Vor- und Nachteile abzuwägen.

Folgende Fragen können dabei helfen, alternative Sichtweisen zu finden:

  • Was spricht dagegen, dass mein Gedanke wirklich zutrifft?
  • Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass meine Befürchtung zutrifft?
  • Was würde eine andere Person denken?
  • Was würde ich einer Freundin in einer ähnlichen Situation sagen?

Wenn du nun noch einen Schritt weiter gehen möchtest, erstellst du dir eine 4-Felder-Tafel: Welche Vorteile und welche Nachteile hat mein ursprünglicher Gedanke? Welche Vor- und Nachteile hat eine alternative Sichtweise?

Manchmal ist es auch hilfreich, gemeinsam Gedanken zu ordnen, im Sherlock-Holmes-Modus kognitive Verzerrungen zu suchen und alternative Sichtweisen auszuloten. Laut denken können, Fragen gestellt und andere hilfreiche Methoden angeboten zu bekommen, kann Wunder wirken, was innere Ruhe, Leichtigkeit und Freude im Alltag angeht. Hier entlag für mehr Informationen: Coaching in Leipzig, online oder per E-Mail.

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